21.10.25

Interview mit Stefan Güldenberg – EHL Hospitality Business School Lausanne

Interviewreihe mit CEOs FOR FUTURE Beirät:innen

Stefan Güldenberg ist Professor für Strategie und Nachhaltigkeit an der EHL Hospitality Business School Lausanne (Schweiz). Für CEOs FOR FUTURE kuratierte er zudem die Umfragen „Mobilitätsverhalten der Gen Z“ (2024) sowie Die Rolle der Gen Z in der nachhaltigen Transformation“ (2025), im Rahmen derer Vertreter:innen der Gen Z und Topmanager:innen befragt wurden.

Frage 1: Aus der Perspektive deines Fachbereichs – welche konkreten Hebel siehst du, um die Transformation von Wirtschaft & Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu beschleunigen?

Es liegt an uns allen: Wir gemeinsam sind der wirksamste Hebel, die nachhaltige Transformation zu beschleunigen. Sie kann in unserem demokratischen System zum Glück nicht von oben verordnet werden. Deswegen braucht es ein Umdenken der Mehrheit der Menschen in unserer Gesellschaft. Wir müssen uns ernsthaft mit drei sehr grundlegenden Fragen auseinandersetzen: Wie wollen wir in Zukunft leben? Was bedeutet für uns Erfolg? Was ist unsere Verantwortung?

In unserem persönlichen Leben, in unserem wirtschaftlichen Handeln, in unserer politischen Mitbestimmung. Solange wir in unserem demokratischen System nicht bereit sind, veraltete Denkmuster aufzugeben und durch neue nachhaltigere zu ersetzen, wird es für die Politik und damit die Wirtschaft & Gesellschaft schwer, die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit zu beschleunigen.

Definieren wir unser persönliches Lebensglück allein über materielle Sicherheit und schnellen Konsum? Definieren wir wirtschaftlichen Erfolg allein über Aktienkurse und quantitatives Wachstum? Definieren wir gesellschaftlichen Wohlstand allein über Kaufkraft und BIP?

Die nachhaltige Transformation verlangt neue kreative Antworten auf diese Fragen und sie verlangt nach neuen Vorbildern, wie die Wirtschaft & Gesellschaft der Zukunft attraktiv gestaltet werden kann, was für uns Erfolg in der Zukunft bedeutet. Erst wenn wir uns diesen drei Fragen ernsthaft gestellt haben, werden wir wirklich bereit sein, uns auf die notwendige nachhaltige Transformation einzulassen.

Frage 2: Welche Rolle können junge Menschen, deiner Einschätzung nach, in der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft übernehmen – und wie lassen sich ihre Potenziale besser nutzen und einbinden?

Wir sollten in dieser Frage nicht allein auf die kommende Generation vertrauen. Die Verantwortung liegt bei uns, die Potenziale der jungen Generation so zu entwickeln, dass sie die Fähigkeit und den Mut zum Handeln, zu einer nachhaltigen Transformation, entwickeln. Junge Menschen bilden bei uns aufgrund des zunehmenden demografischen Wandels bereits die Minderheit. Deswegen müssen wir besonders darauf achten, dass sie politisch Gehör finden und in globale Transformationsprozesse eingebunden werden, die sie maßgeblich betreffen werden.

In Europa müssen wir aufgrund unserer Altersstruktur aufpassen, dass wir nicht zum Getriebenen werden. Im Unterschied zu Europa gehören weltweit junge Menschen noch zur Mehrheit. Bereits heute macht beispielsweise die Generation Z etwa ein Drittel der Weltbevölkerung aus und gehört damit zur am schnellsten wachsenden Kundengruppe weltweit.

Die nächste Generation kann daher global zum dominierenden Faktor werden, wenn es um die nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft geht. Dennoch wissen wir relativ wenig über die Werte, das Informations- und Konsumentenverhalten der nächsten Generation. Darüber hinaus scheint es eine große Kluft zwischen dem Bewusstsein der nächsten Generation für Nachhaltigkeit und ihrem tatsächlichen Konsumentenverhalten zu geben. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, global in die Aus- und Weiterbildung und die internationale Vernetzung der kommenden Generation zum Thema Nachhaltigkeit zu investieren. Ihr Wissen und Handeln werden global gesehen entscheidend zur notwendigen nachhaltigen Transformation beitragen.

Frage 3: Welche Bedeutung hat die Tourismuswirtschaft für die Nachhaltigkeit in Europa?

Eine sehr bedeutsame: Untersuchungen zeigen, dass der Tourismus für 5–8 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, Tendenz steigend. 75 Prozent dieser CO₂-Emissionen entstehen durch Reisen zum und vom Reiseziel. Tourismus und Reisen tragen daher direkt und indirekt zum Klimawandel bei, sowohl direkt durch den Ausstoß von Treibhausgasen als auch indirekt durch den Bodenverbrauch. Der Klimawandel wiederum kann sich durch extreme Wetterereignisse und veränderte Reisebedingungen negativ auf den nationalen und internationalen Tourismussektor auswirken.

Es ist daher im eigenen Interesse Europas, für einen nachhaltigen Tourismus innerhalb und außerhalb Europas zu sorgen und damit auch international als Vorbild für die dringend notwendige nachhaltige Transformation der globalen Tourismuswirtschaft zu dienen.

Nicht zuletzt bringt Reisen Menschen, insbesondere die junge Generation, global zusammen, was Brücken zwischen Menschen und Kulturen aufbaut und Vorurteile, auch getrieben durch soziale Medien, abbaut.

Die Tourismuswirtschaft in Europa und weltweit hat damit eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die nachhaltige Transformation, muss aber ihrerseits selbst in nachhaltige Bahnen gelenkt werden.

Themen

Allgemein Beirat Gen Z Interviews

Tags

Beirat C4F CEOs FOR FUTURE Gen Z Interview Stefan Güldenberg Transformation

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

Interview mit Werner Wutscher – New Venture Scouting & Business Angel
Interview mit Josef Mantl – JMC
Standort Europa bei COP30 positionieren
Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
Email
Print