Elke Pichler ist Partnerin bei MagnoliaTree, einer Boutique-Beratung mit Sitz in Wien und Fokus auf Transformation und Leadership, Gründerin von impactory sowie – neben CEOs FOR FUTURE – Beirätin des Vereins Grow Together.
Frage 1: Aus der Perspektive deines Fachbereichs – welche konkreten Hebel siehst du, um die Transformation von Wirtschaft & Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu beschleunigen?
Wir arbeiten bei MagnoliaTree mit Strategie-Entscheider:innen. Wir begleiten sie unter anderem bei Transformationsprojekten. Und in diesen Vorhaben sehe ich immer wieder: Nachhaltige Transformation beginnt nicht mit großen Konzepten. Sie beginnt, wenn Menschen beginnen miteinander zu reden und sich in eine gemeinsame Richtung orientieren. Wenn jemand wirklich zuhört und merkt: Mein Gegenüber denkt und ist gar nicht so anders, dann verändert sich etwas.
Ich erlebe in Workshops zu sozialer Nachhaltigkeit im Unternehmen immer wieder den Moment, dass jemand sagt: „Ich wusste nicht, dass es Menschen in unserer Organisation so geht. Das berührt mich.“ Oft ist es auch Ärger oder Enttäuschung. Diese Momente schaffen die Bereitschaft für Veränderung.
Für mich heißt das: Führung muss würdevoll sein. Sie soll Halt geben, gerade in diesen unklaren Zeiten. Gerade in wirtschaftlichen Entscheidungsräumen braucht es Haltung: Weniger Kontrolle, mehr Vertrauen. Weniger Recht haben, mehr gemeinsam verstehen.
Da beginnt für mich nachhaltige Veränderung.
Frage 2: Welche Rolle können junge Menschen, deiner Einschätzung nach, in der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft übernehmen – und wie lassen sich ihre Potenziale besser nutzen und einbinden?
Wir begleiten neben großen Konzernen auch regelmäßig gemeinnützige Organisationen. Gerade dort arbeiten wir mit vielen jungen Menschen in ganz unterschiedlichen Rollen und Funktionen. Im Austausch mit ihnen muss ich oft an eine Kurzgeschichte von David Foster Wallace denken:
Zwei junge Fische schwimmen durchs Wasser. Ihnen begegnet ein älterer Fisch, der freundlich nickt und sagt: „Guten Morgen. Wie ist heute das Wasser?“ Die beiden schwimmen weiter. Nach einer Weile fragt der eine den anderen: „Was ist denn bitte Wasser?“
Für mich sind junge Menschen oft eher wie der ältere Fisch: Sie stellen die Fragen, die uns bewusst machen, in welcher Welt wir uns eigentlich bewegen – und ob die Werte, nach denen wir handeln, noch zeitgemäß sind für ein nachhaltiges, zukunftsfittes Miteinander. Genau das ist ihre große Stärke. Diese Fragen sollten wir hören – und gemeinsam mit ihnen Antworten finden. Ihnen einen Platz am Tisch geben. Immerhin treffen wir jetzt die Entscheidungen für ihre Zukunft. Und sie geben Hoffnung. In Workshops mit unterschiedlichen Altersgruppen sehe ich oft: Wenn junge Menschen sich engagieren und neue Ideen einbringen, dann bewegt das auch die Erfahreneren. Es gibt ihnen oft neue Zuversicht.
Frage 3: Welche Bedeutung kommt der Zivilgesellschaft bei der Gestaltung einer nachhaltigen Transformation zu?
Hannah Arendt hat einmal gesagt, dass das Gute niemals endgültig siegen wird – aber das Böse auch nicht. Ich finde, das ist ein tröstlicher und zugleich aufrüttelnder Gedanke: Es liegt an uns, uns zu engagieren. Viele große Bewegungen begannen mit nur wenigen Menschen. Und die nachweislich erfolgreichsten waren die friedlichen – getragen von der Breite der Bevölkerung.
Malcolm Gladwell beschreibt mit seinem Konzept des Tipping Point, dass Systeme nicht erst kippen, wenn wir eine einfache Mehrheit oder gar 75 Prozent erreicht haben. Meist reichen schon 33 Prozent. Ich bin überzeugt, dass wir in der Zivilgesellschaft diese 33 Prozent Zustimmung finden – Menschen, die eine nachhaltigere Lebensweise nicht nur fordern, sondern leben. Und ich hoffe, dass sich weiterhin viele engagieren: friedlich, mutig und zuversichtlich. Dass sie erzählen, wie Veränderung nicht nur möglich ist, sondern auch das eigene Leben bereichern kann.